Heilige Berge und Momente der Vergangenheit
Heilige Berge
Uns zieht es heute in den Tongariro Nationalpark, der mitten auf der Nordinsel ist und sowohl Weltkultur- wie auch Weltnaturerbe der UNESCO ist. Im Zentrum des Nationalparks befinden sich drei aktive Vulkane. Einer davon ist der Mount Ruapehu (2797m), der von grosser kultureller, geografischer und historischer Bedeutung ist. Verschiedene Mythen und Legenden ranken sich rund um den Ruapehu. Denn in Neuseeland werden die Berge verehrt und als heilig angesehen. Er erhebt sich vom Central Plateau neben den benachbarten Gipfeln des Mount Ngāuruhoe (2291m) und des Mount Tongariro (1968m).
Der Mt. Ruapehu ist ein Stratovulkan, der aus aufeinanderfolgenden Schichten von Andesit Lava und Ascheablagerungen aufgebaut ist. Er ist der größte aktive Vulkan Neuseelands und seine drei Gipfel waren in den letzten 10.000 Jahren aktiv. Der letzte grössere Ausbruch war im Juni 1996, ein kleinerer 2007. Unter dem Kratersee des Südkraters befindet sich derzeit eine aktive Öffnung, genannt Te Wai ā-moe (schlafendes Wasser). Die vulkanische Aktivität wird hier sehr genau überwacht, und zwar mithilfe von Webcams, Seismographen, Mikrofonen und GPS-Stationen. Es gibt auch ein Lahar-Alarm- und Warnsystem, um Lahar-Aktivitäten (Schlamm- und Schuttströme) im Voraus zu erkennen und davor zu warnen.
Und das alles interessiert uns heute und wollen wir uns aus der Nähe anschauen. Wie nahe wir genau herankommen, wissen wir noch nicht.
Wir fahren in den Nationalpark und den Berg hoch, soweit die Strasse führt. Da kommen wir im Iwikau Village und bei der Sky Waka Gondola an. Na, ein Skigebiet hätten wir hier nicht erwartet, doch genau auf das treffen wir. Es ist ein Dorf nur mit Skihütten und Maschinerie der Skiindustrie, wie die im Sommer so aussieht mit Pistenfahrzeugen und Schneekanonen.
Doch wir nehmen die Gondel, die uns auf 2020m.ü.M. bringt, so dass wir möglichst viele Höhenmeter bequem überwinden können.
Die Landschaft scheint sehr lebensunfreundlich zu sein, denn wir sehen keine Bäume oder Büsche und auch kein Gras. Es ist eine sehr steinige Landschaft mit ein paar kleinen Bächen und wenig Schneeresten.
Gipfelstürmer
Oben an der Bergstation angekommen, informieren wir uns bei den Wandertafeln, wie wir zum Gipfel kommen. Doch das ist nicht mehr erlaubt. Der Mt. Ruapehu ist bei den Maoris heilig und darf heute nicht mehr bestiegen werden. Wir respektieren dies natürlich und entscheiden uns für den Skyline Walk.
Es geht steil den Berg hinauf und wir sind uns weder diese Höhe gewöhnt noch laufen wir viel. Entsprechend ist dieser Aufstieg ordentlich anstrengend, tut uns aber gut. Der Weg führt uns teilweise an einem Skilift entlang, wo ich mich die ganze Zeit frage, wie hier das Skifahren funktionieren soll. Denn es ist nicht irgendwas wie eine Piste sichtbar, nein es ist eine Geröllhalde mit riesigen Felsbrocken und nichts wächst hier. Das kann wohl nur funktionieren, wenn es hier meterweise Schnee hat. Doch gibt es diesen wirklich auf der wärmeren Nordinsel?
Allan läuft voraus, er hat ja schliesslich Wanderbeine, nicht wie ich. Und da freue ich mich, dass wir beim Schild Half Way angekommen sind. Juhu! Das lässt mich hoffen, dass ich den Rest auch noch problemlos schaffe. Wir freuen uns über das extrem schöne Wetter, das uns heute begleitet, auch wenn es hier oben etwas kühl ist.
Bei einem der letzten Skilift-Masten wird meine Frage, wie das hier mit dem Skifahren und den Steinen geht, wohl beantwortet. Denn der Notstopp des Skiliftes ist weit oben im Himmel zu finden. Wenn da einer rankommen soll, dann liegen hier einige Meter Schnee.
Wir gelangen langsam zu einer Krete und uns pfeift ein starker Wind ins Gesicht. Doch diese fiese Kälte und unser anstrengender Aufstieg wird mehr als belohnt. Wir erhalten einen spektakulären Ausblick auf die anderen beiden Vulkane und einen grossen Teil des Nationalparks.
Und dann ist auch schon bald das Schild Skyline Trail Top erreicht und für uns ist der Aufstieg hier, nach knappen 300 Höhenmetern, zu Ende. Hier würde es weiter zum Vulkankrater hoch gehen. Es hat auch einen Weg, doch wie erwähnt, ist es nur erlaubt bis hier den Berg zu besteigen.
Wir geniessen die phantastische Aussicht, doch wegen dem eisigen Wind ist es ungemütlich und wir machen uns auf den Weg zurück.
Nach etwa zwei Stunden sind wir wieder in der Bergstation der Gondel angekommen und gönnen uns eine heisse Schokolade – mh.
Wir sind froh, dass der aktive Vulkan auch heute seinen Ruhetag hatte und fahren mit der Gondel zur Talstation, von der aus wir mit dem Auto den Berg hinunterfahren, bis zum Whakapapa Village. Da besuchen wir das Visitor Center des Nationalparks und sehen uns die unzähligen Weitwanderwege und Übernachtungsmöglichkeiten an. Wer weiss, vielleicht packen wir so eine Wanderung ein anderes Mal an...
Doch für heute geht es auf einen nächsten Spaziergang, zu den Tawhai Falls. Wie an vielen Orten in Neuseeland treffen wir immer wieder auf Filmdrehorte von Herr der Ringe oder der Hobbit. So auch dieser Wasserfall, der in wenigen Minuten von der Strasse aus zu erreichen ist. Ein netter, abwechslungsreicher Spaziergang im Grünen, nach der steinigen, trostlosen Landschaft auf dem Vulkan.
Historischer Haka
Auf dem Rückweg zum Motel fahren wir am historischen Ort Opotaka vorbei, halten an und wollen uns das ansehen. Doch wir finden nichts als eine grüne Wiese und einen Vermessungspunkt. Ich weiss schon, was Allan jetzt wieder denkt. Sie wollte nur einen weiteren Messpunkt auf dieser Welt anschauen. Irgendwie ziehen die mich magisch an.
Was soll hier sein? Es gab hier am schönen Lake Rotoaira eine bedeutende Siedlung, die ab 1820 bewohnt war. Doch heute sind nur noch Spuren von Lagergruben und Werften zu sehen. Naja, nicht ganz das, was wir erwartet haben, aber ein schöner Ort für eine ehemalige Siedlung. Und hier soll der Ursprung sein für den Haka des Neuseeländischen Rugby Nationalteams All Blacks – Für alle, die sich davon beeindrucken lassen wollen, können dieses Video auf YouTube anschauen.
Kurz vor unserer Unterkunft stoppen wir noch beim Te Ponanga Saddle View Point. Hier erfreuen wir uns ab einem wunderschönen Blick auf den Lake Taupo und die umliegende Landschaft.
Wir kehren in unser Motel zurück, wo wir uns einen Salat zusammenmixen und am Abend die nächsten Reisetage vorbereiten.
Durch die Wüste
Der folgende Tag startet wieder mit viel Sonnenschein und wir machen uns auf dem Highway 1 auf, in Richtung Süden. Die Fahrt geht bald durch die karge Vulkanlandschaft und wir sehen auf unserer rechten Seite den Mount Ruapehu, an dessen rechten Flanke wir gestern ein Stück hochgewandert sind.
Diese karge Landschaft wird immer extremer, bis wir durch die Rangipo Desert (Rangipo-Wüste) fahren. Dies ist eine unfruchtbare, wüstenähnliche Gegend im Osten des Central Volcanic Plateau, also östlich der drei Vulkane Ruapehu, Ngauruhoe und Tongariro. Hier entspringen viele bedeutende Flüsse, wie auch der Waikato River, den wir später noch besuchen wollen. Es ist ein alpines, raues Klima, der Boden ist weitgehend unfruchtbar und daher unbewohnt. Im Süden nutzt die Armee das Gelände und im nördlichen Teil befindet sich ein Gefängnis.
Nach etwa 80km biegen wir nach Osten ab. Der Abzweiger ist so im Nichts, dass wir ihn doch tatsächlich verpassen. So wenden wir und biegen auf die Taihape-Napier Road ab, die auch als Inland Patea Road bezeichnet wird. Wir verlassen langsam die vulkanische Landschaft und fahren wieder durch grüne hügelige Landschaft, wie wir das inzwischen von Neuseeland kennen.
Wir sehen vor allem Kühe und Schafe und dann kommt ein Schild für eine historische Brücke. Die Springvale Suspension Bridge. Die wollen wir uns doch nicht entgehen lassen, halten an und wollen wissen, warum die als Sehenswürdigkeit angepriesen wird.
Es ist eine alte Hängebrücke über den Rangitikei River, die 1925 gebaut wurde, um endlich den regelmässigen Überschwemmungen und dadurch unzugänglicher Strasse ein Ende zu setzen. Denn so konnten die Farmer ihre Wolle und Fleisch besser und regelmässig nach Napier zum Hafen bringen. Bis 1970 wurde sie genutzt, doch die Fahrbahnbreite von 2.4m wurde irgendwann zu wenig und heute ist sie eine historische Sehenswürdigkeit.
Nach weiteren zwei Stunden Autofahrt erreichen wir Hastings, wo wir uns zu Fuss auf die Suche nach einer kleinen Zwischenverpflegung machen, bevor es nach Napier geht. Denn das ist unser Ziel für Heute und die nächsten Tage, weil wir da eine Reise in die Vergangenheit machen wollen.
Art Deco
Wir fahren frisch gestärkt nach Napier, eine Küstenstadt mit einer bewegten Geschichte. Ein Erdbeben der Stärke 7.8 hat die Stadt im Jahr 1931 weitgehend dem Erdboden gleich gemacht.
Die Einwohner wollten gemeinsam die Stadt wieder aufbauen und gleichzeitig modern sein. So wurde sie aus einer Mischung von verschiedenen Baustilen wieder aufgebaut, wobei vieles in Art-déco Architektur gebaut wurde. Dieser Art-déco Stil ist bis heute noch bei vielen Sehenswürdigkeiten zu sehen und wird auch noch zelebriert.
Daher findet hier das weltberühmte Napier Art Deco Festival jedes Jahr im Februar statt. Es zieht bis zu 40'000 Menschen aus aller Welt an und viele kommen in Art-Déco Kleidung.
Es ist eine Feier der Widerstandsfähigkeit und des Geistes der Menschen dieser Stadt, die ihr Leben und ihre Stadt nach der verehrenden Zerstörung mutig wieder aufgebaut haben.
Und genau dieses Festival wollen wir uns nicht entgehen lassen, denn es findet dieses Jahr zum ersten Mal seit vier Jahren wieder statt. Zuerst ist es Covid-Bedingt ausgefallen und im 2023 zog ein Zyklon über Neuseeland, der genau zum Zeitpunkt des Festivals die ganze Region überflutet hat. Umso erfreuter sind wir, dass wir diesem Anlass beiwohnen dürfen. Wir sind zwar keine Fans dieser Zeit, aber trotzdem ist es ein wunderbarer Anlass. Insbesondere der Gedanke darüber, dass sich damals zu dieser schweren Zeit alle so gut geholfen haben. Und Allan freut sich sein Vereinskollegen Guido hier zu treffen, der extra dafür aus der Schweiz angereist ist.
So tauchen wir ein, in diese vergangene Zeit, bewundern viele alte Autos, alte Dampfwalzen und Traktoren, beobachten Flugshows, Strassenmusik und die Leute. Alles ist aus der Zeit um die 1930er Jahre herum, etwas mehr, etwas weniger. So besteht die Flugshow aus alten Doppeldeckern, aber auch Flugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg.
Da zu dieser Zeit die Unterkunftspreise in der Region in unermessliche Höhe schiessen, sind wir sehr dankbar für die Gastfreundschaft von Sally und Jayson, die uns ihren Wohnwagen in ihrem Garten für zwei Nächte zur Verfügung stellen. Die perfekte Unterkunft für uns. Einmal mehr dürfen wir diese wunderbare Gastfreundschaft der Einheimischen geniessen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön!
Der nächste Tag verbringen wir am Festival. Wir geniessen diese unzähligen Shows, Paraden und Strassen-Darbietungen von Tanzshows, Musik oder einfach die Festival Atmosphäre. Ein absolutes High-Light ist sicherlich die Autoparade mit den unzähligen wunderbar gepflegten Oldtimern aus den 20er und 30er Jahren. Wer mehr sehen möchte, schaut sich am besten unsere Bilder vom Art Deco Festival hier an.
Zurück in die Mitte
Der kleine Ausflug in die Vergangenheit ist zu Ende und wir fahren weiter Richtung Taupo auf der SH5. Auf halber Strecke legen wir bei den Waipunga Falls einen kurzen Halt ein. Das ist ein schöner Wasserfall, der aber nicht zugänglich ist, sondern nur von der anderen Seite zu bestaunen ist.
Wir erreichen die Stadt Taupo, wo wir uns in der Silver Fern Lodge einquartieren. Taupo ist unsere letzte Station auf dieser Nordinsel Tour und so wollen wir die Umgebung kennen lernen. Vom Zimmer aus sehen wir auf den Lake Taupo und zu dem wollen wir nun spazieren.
Der Lake Taupo ist eine vulkanische Caldera, von einem Vulkan, der vor rund 26'500 Jahren kollabiert ist. Er ist der grösste See von Neuseeland und liegt 360m.ü.M. Wir geniessen unseren Spaziergang dem See entlang und auf was treffe ich hier wieder? Natürlich – ein Vermessungspunkt, einer von 1949. Anschliessend schlendern wir durch die Stadt, doch bald schon stellen wir fest, dass diese für uns nichts Besonderes ist. Wir treffen einige schöne Streetart an und gehen beim Italiener Abendessen.
Berauschend
Wir möchten eine Wanderung am Waikato River und den Huka Falls machen. Denn der Waikato River ist der längste Fluss von Neuseeland mit 425km. Er entspringt am Mount Ruapehu, geht durch den Lake Taupo und endet in der Tasmansee südlich von Auckland.
Wir parken unser Auto an der Huka Falls Loop Road, da es hier keine Zeitbeschränkung gibt, und nehmen die Wanderung im Gegenuhrzeigersinn in Angriff.
So kommen wir denn bald zu den sehr eindrücklichen Huka Falls. Hier werden unglaubliche Mengen an Wasser durch einen engen Bereich gepresst und produzieren eine atemberaubende Wasserfarbe. Diese kristallblaue Farbe entsteht, da sehr viel Luft ins Wasser gelangt. Denn hier fliessen 200'000 Liter Wasser pro Sekunde etwa neuen Meter in die Tiefe.
Wir beobachten diese beeindruckende Wasserkraft aus verschiedenen Blickwinkeln. Von unten, von oben auf der Brücke, von der anderen Seite... Egal, von wo wir die Huka Falls beobachten, wir sind sehr beeindruckt von dieser Kraft und dem schönen Farbenspiel.
Wir reissen uns von dem eindrücklichen Naturschauspiel los und wandern dem Fluss entlang abwärts. Bald schon ist der Waikato River ein ruhig dahinfliessender Fluss mitten in üppigem Wald, mit kleinen Inseln und winzigen Stromschnellen.
Bei der Waikato River Road Bridge überqueren wir den Fluss und wandern auf der anderen Seite wieder hoch, bis wir nach etwa 1.5-stündiger, herrlicher Wanderung unser Auto erreichen.
Unser nächster Stopp gilt dem Huka Honey Hive, einem Shop, der unzählige Honigprodukte verkauft. Ich teste den Manuka Honig von hier, lasse aber einen Kauf sein, denn der in Paihia gekaufte Manuka Honig schmeckt mir besser.
So gehen wir zurück in die Stadt, sehen uns noch etwas Taupo an und geniessen einen Frappuccino.
Am nächsten Tag ist unsere Entdeckungsreise leider fertig, es geht mit einer sehr langen Fahrt von Taupo direkt nach Opua. Nach knapp sieben Stunden Autofahrt kommen wir mit sehr vielen wunderschönen Eindrücken von Neuseeland Zuhause an.
Gefällt dir dieser Logbucheintrag? Dann unterstütze unsere Arbeit mit einer kleinen Spende. Wir freuen uns sehr darüber!