Tonga - Neuseeland, unsere Leichtwind Überfahrt

Tonga - Neuseeland, unsere Leichtwind Überfahrt

2023, Blauwasserleben, Passagen, Segeln, Navigation, Pazifik
Wir segeln die berüchtigte Strecke von Tonga nach Neuseeland – es wird eine entspannte Überfahrt.

Neuseeland wir kommen

Das Zittern in Tonga wegen dem Zyklon Mal ist vorbei, das schlechte Wetter ist von dannen gezogen und 10 Tage nach dem ersten Versuch vom Ausklarieren erledigen wir dies erneut. Denn jetzt steht ein Leichtwind-Wetterfenster vor uns, das wir nutzen wollen. Für einmal haben wir gesagt, lieber zwischendurch mal Motoren, als auf dieser Strecke in ein heftiges Tiefdruckgebiet zu geraten.

Denn diese Strecke kann es in sich haben. Wir haben im Vorfeld viel über die Strecke nach Neuseeland gehört. Meist nicht sehr erquickendes. Da wird das Ganze Seemannsgarn ausgepackt, von Entmastungen, Abbergungen, Totalverlust, schrecklichen Stürme und riesigen Wellen. Vieles davon ist leider wahr und vieles wird durch weitererzählen übertrieben. Nur, wie sollen wir das Filtern? Dann die ganzen Geschichten zur Taktik. Man soll ja nicht von Osten auf Neuseeland zusteuern, das muss von Westen her sein, wenn da unten der Westwind bläst. Aha. Und ins Minerva-Riff zu gehen ist auch gut, dann kann man da auf das nächste Wetterfenster warten. Aber halt, eben hatte einer doch erzählt, dass das nicht gut ist, wenn es einem da voll erwischt mit einer Front. Ja, was jetzt? Da wird so unendlich viel erzählt und beschrieben, dass wir das ganz einfach machen. Wir studieren die Wettersituationen sowieso immer selber und machen das, was wir für das Beste halten. Irgendwelche Regeln hin oder her...

Anker auf

So nehmen wir am 21. November den Anker in Tonga hoch und machen uns auf den Weg nach Neuseeland. Die Windprognosen sind für die ersten Tage für unsere Verhältnisse optimal angesagt, also gehen wir es entspannt an. Wir sind fünf Schiffe, die alle gleichzeitig starten, wovon wir zwei gut kennen. Wir sind gespannt, wie die einzelnen Reisen verlaufen werden.

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Wir verlassen Tongatapu über die Westseite und können bald Kurs auf Neuseeland nehmen. Wobei wir erstmals etwas östlicher bleiben, da hier mehr Wind angesagt ist.

Der erste Tag und die erste Nacht verlaufen sehr angenehm mit wenig Wellen und moderatem Wind. Ein sehr schöner Start in diese knapp 1200 Seemeilen lange Überfahrt.

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Der zweite Tag ist traumhaft schön und wir kommen gut voran. In der zweiten Nacht gibt es eine Halse und am folgenden Tag reffen wir das Grossegel vorsorglich, da ein Regenguss auf uns zukommt. Leider nimmt am Nachmittag der Wind stark ab und wir fahren nun mehr westlich, da das Studium der Wetterprognose ergeben hat, dass wir da hoffentlich mehr Wind finden und den angesagten Gewittern aus dem Weg gehen können. Am Abend ist der Wind dann so schwach, dass die Segel anfangen zu schlagen, so entscheiden wir uns zu Motoren. Ist doch unser Ziel, möglichst schnell nach Neuseeland zu kommen und kein Risiko einzugehen mit Warten auf Wind und dann möglicherweise in ein Tiefdruckgebiet zu geraten.

Immerhin bleiben wir vom Regen weitgehend verschont und haben keine Gewitter.

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Am anderen Morgen nimmt der Wind zum Glück wieder zu und wir freuen uns, dass wir wieder segeln können. Es geht flott voran. Wir segeln auf Am-Wind-Kurs gegen Südwesten.

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Die halbe Welt

Und was machen wir alles in dieser Zeit? Wir versuchen, wenn immer möglich, Schlaf zu finden, das gelingt nur mässig. Oder wir spielen am Handy, lesen oder schauen am Nachmittag ab und zu eine Serie. Ganz wichtig natürlich die Wettervorhersagen regelmässig zu prüfen, korrekt zu interpretieren und unsere Taktik festzulegen.

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Und dann ist es soweit, um 16:11 Bordzeit überqueren wir zum ersten Mal den 180 Längengrad! Juhu, somit sind wir um die halbe Welt gesegelt! Und es ist die offizielle Datumsgrenze. Nach 4 Jahren müssen wir uns nun konzentrieren, bei der Koordinate im Logbuch ein E zu schreiben und kein W mehr. Und zur Feier des Tages gibt es heute Pizza!

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Der grosse Schreck

Der Wind schiebt uns Richtung Neuseeland, während die Wellen träge von der Seite unter meerla durchziehen. So angenehm kann es weitergehen. Doch bei Allans nächstem Rundumblick ist Schluss. Plötzlich sind da auf beiden Seiten von uns Lichter im Wasser. Was ist das? Das müssen Bojen von einem Fischerboot sein! Um abzudrehen ist es schon zu spät, Allan korrigiert den Kurs um ein paar Grad und weckt mich. Wir rauschen in der Mitte zwischen zwei Bojen durch. Die Lichter bleiben hinter uns zurück. Erleichterung kommt auf, wir scheinen nicht in einem Netz zu hängen. Mitten in der Nacht die Ruder von einer Fischerleine zu befreien ist eine Erfahrung auf die wir sehr gut verzichten können. Das dazugehörige Fischerboot taucht nicht auf dem AIS auf, und auch der Radar funktioniert mal wieder nicht. Dafür bleibt der Rest von Allans Nachwache ruhig und entspannt.

Wir freuen uns, dass wir immer noch segeln können, auch bei dem wenig angesagten Wind und der doch eher konfusen Windanzeige. Wir haben 5kn Wind und fahren 4.5kn!!! Da kann etwas nicht sein. Wir beobachten das weiter und müssen leider feststellen, dass mit der Windanzeige etwas nicht mehr stimmt. Aber mitten auf dem Pazifik gehe ich dafür nicht in den Masten. Wir können ja selber abschätzen, wie stark der Wind bläst. Einzig für den Autopiloten ist es nicht so einfach, der hat damit Mühe, da dadurch der berechnete Windwinkel nicht stimmt. Aber bald haben wir herausgefunden, welche Einstellungen wir vornehmen müssen, dass er trotzdem noch gut zurechtkommt. Wenn der Wind dann zu sehr abnimmt, muss ich jeweils selbst von Hand steuern.

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Es brummt

Um die Hälfte der Strecke herum wechseln sich Wind, Flaute, Regen und Sonne ab. So können wir mal Segeln, mal müssen wir Motoren. Leider sind die Wellen verhältnismässig zum Wind recht hoch. Aber das Fazit zum Bergfest ist, schönes, angenehmes Segeln mit zwischendurch etwas gebrumme vom Motor. Alles in allem darf es so weitergehen. Doch die Wettervorhersage verheisst nichts Gutes. Flaute ist angesagt.

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Und so kommt es, dass der Motor brummt, denn wir haben nun kein Wind. Wir hatten uns für dieses Leichtwind-Wetterfenster entschieden und im Voraus in Kauf genommen, viel Motoren zu müssen. Aber in Anbetracht der Zyklon-Saison und den Erlebnissen rund um den Zyklon Mal, erscheint es uns nach wie vor das richtige Vorgehen. Auch wenn es einen fahlen Beigeschmack hat und wir eigentlich lieber Segeln würden.

Die Wellen sind stark zurück gegangen und die Sonne scheint. Plötzlich um 14:50 Uhr Bordzeit sehen wir ein UFO auf dem Wasser. Wir haben ein AIS-Signal, knapp 5sm neben uns. Die Geschwindigkeit scheint treibend zu sein. Mit dem Fernglas sehen wir kleine orange Segel. Was ist das? Ein kleines entmastetes Segelschiff, das mit Notrigg herumtreibt? Bei den AIS-Informationen steht «sd-1081», «uncrewed» und «no communication». Ein abgeborgenes Schiff? Aber wer würde schon sein AIS in einem Notfall umprogrammieren? Sollen wir unseren Kurs ändern um nachzuschauen?
Wir fragen mal per Mail Uwe an und geben ihm alle Informationen durch. Und schon ist das Rätsel gelöst. Es ist eine selbstsegelnde Drohne, die Wetterdaten sammelt. Was es nicht alles gibt...

Ein schönes Geschenk

Mitten in der Nacht kommt etwas Wind auf. Wir setzen die Segel und stellen den Motor aus, was für eine Wohltat! Wir kommen wieder flott voran, auch wenn es Am-Wind Segeln ist. Und erfreulicherweise stellt der Wind entgegen den Prognosen nicht ab und wir segeln in die nächste Nacht hinein. Wir spüren, dass wir in den Süden kommen, denn wir haben nur noch 19°. Lange Hosen und Pullover sind angesagt!

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Es folgt wieder ein Wechsel zwischen Segeln und Motoren. Wir nähern uns den Hoheitsgewässern von Neuseeland und so wird die Gastlandflagge gehisst.

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Just auf das Eindunkeln hin können wir segeln. Noch bevor der Mond aufgeht, schaue ich ins Wasser und sehe etwas Unglaubliches. Das Wasser leuchtet so unglaublich schön, wie ich das noch nie gesehen habe. So richtig grosse Leuchtkugeln überall und ganz dicht beieinander. Ich muss einfach Allan wecken, das muss er sehen. Und auch er staunt über dieses Phänomen. Leider ist es nach fünf Minuten vorbei. So schön, was die Natur uns immer wieder für Geschenke macht!

Wir freuen uns, dass wir die letzte Nacht noch segeln können, doch nun wollen wir ankommen und starten den Motor. Bei Regen und Flaute fahren wir in die Bay of Islands ein und erfreuen uns an der Landschaft, die sehr grün ist.

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Wir erreichen das Quarantäne Dock in Opua am 1. Dezember um neun Uhr morgens und machen am Schwimmsteg fest. Juhu, wir sind wohlbehalten in Neuseeland angekommen! Was für eine Erleichterung und alles ging wunderbar. Auch unsere Anfahrt von der Ostseite her...

Ist es wahr?

Jetzt heisst es warten auf das Einklarieren. Viele Horrorgeschichten haben wir darüber gehört und im Vorfeld wird viel Spekuliert, wie das von statten geht. Sind diese Geschichten wahr und wie ergeht es uns? Neuseeland hat strenge Vorschriften was die Biosecurity betrifft, bezüglich sauberem Unterwasser, Einfuhr von Lebensmitteln und vieles mehr. Wir wissen, dass wir gut vorbereitet sind, denn es ist klar aufgelistet, was zu tun ist. So hatten wir in Tonga noch unser Unterwasser gereinigt und alle Fleisch-Lebensmittel, auch Konserve, aufgegessen. Frischware wie Früchte, Obst, Gemüse darf man sowieso nicht einführen, das ist alles in unseren Bäuchen gelandet.

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Zuerst kommt ein Mann vom Zoll an Bord. Ein freundlicher Beamter prüft alle unsere Papiere, inklusive unserem Neuseelandvisum und scheint damit zufrieden zu sein. Wir füllen die üblichen Papiere aus und dann beginnt der Beamte angeblich mit interessierten Fragen zu unserer Reise. Im ersten Moment denke ich, das ist ja interessant, was der für Fragen stellt. Doch bald kristallisiert sich heraus, dass er herausfinden möchte, ob die Möglichkeit besteht, dass wir Drogen an Bord haben. Denn am Ende der Fragerei erklärt er uns, dass sehr viele Drogen von Panama geschmuggelt werden. Nein, wir bestätigen ihm, dass bei uns keiner die Möglichkeit hatte an Bord zu kommen, um Drogen zu verstecken. Freundlich verabschiedet er sich, gibt uns noch hilfreiche Informationen und dass wir noch auf die Biosecurity warten müssen.

Diese kommt gleich an Bord, ebenfalls ein sehr netter Mann und wir füllen das Deklarierungsformular aus, was wir alles an Bord haben. Wir müssen nicht an vielen Stellen den Hacken machen, da wir ja vorbereitet sind. Doch beim Mais, der Mayonnaise, dem Reis und noch weitern Punkten kommen wir nicht drum herum. An dieser Stelle ist es ganz wichtig, dass man alles deklariert, was man hat. Unser Gast möchte diese Lebensmittel sehen und nimmt uns die Maiskörner für Popcorn und die angefangene Mayonnaise weg. Alles andere dürfen wir behalten. Die Mayonnaise wussten wir, dass die ein Problem ist, wegen dem Ei-Anteil, aber die hatten wir nun mal noch angefangen an Bord. Er möchte noch kurz unten einen Blick ins Schiff werfen, doch da zeigt er an nichts wirklich Interesse. Er möchte nur kurz in den Kühlschrank schauen und Schluss.

Und schon ist er von Bord und wir ohne jegliche Probleme fertig einklariert. Juhu!

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Wir fahren jetzt zur Tankstelle, füllen den Diesel auf und ab geht es in die Marina in die Box. Alles klappt gut, mit der schönen Begrüssung von Marianne und Uwe und wir sind da, wo wir uns schon lange hingeträumt haben. Jetzt freuen wir uns erstmal darauf, dass wir nicht die ganze Zeit daran denken müssen, ob der Anker hält oder der Wind sich dreht, ob ein Sturm kommt... Sondern meerla liegt einfach sicher vertäut in der Marina – ein schönes Gefühl in Neuseeland zu sein!

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