Warum Allan mehr als dreieinhalb Minuten nicht atmet

Warum Allan mehr als dreieinhalb Minuten nicht atmet

2020, Tauchen, Bonaire, Sint Eustatius und Saba
Wenn sich die meerla Crew am Sonntagmorgen mit einem Weltrekordhalter trifft

Wer atmet bewusst?

Das Atmen funktioniert die meiste Zeit ohne dass wir darüber nachdenken. Es ist für die Mehrheit der Menschen einfach da (zum Glück) und das Atmen wird uns erst bewusst, wenn ein Atemproblem besteht oder wir uns verausgaben wie z.B. beim Joggen – wir jedenfalls kommen da ganz schön ins Schnaufen...

Doch wer taucht, beschäftigt sich eher mal mit der Atmung und zugehörig mit dem Herzschlag. Ich versuche jedenfalls beim Gerätetauchen ganz entspannt zu sein, meinen Herzschlag herunter zu fahren und ganz ruhig und regelmässig zu atmen. Das gelingt auch mehrheitlich.

Hier auf Bonaire – im Divers Paradise – dreht sich fast alles ums Tauchen. So erfahren wir über die Bonaire Facebookgruppe, dass die Deepsea Freediving School für die Segler ein Schnupperkurs fürs Freitauchen anbietet. Wir melden uns an, doch leider sind schon alle Plätze besetzt.

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Gespannt verfolgen wir auf Facebook, was in diesem Schnupperkurs läuft und sehen da die Liste mit den Namen und der Zeit, wo die Segler ihre Luft anhalten konnten. Denn beim Freitauchen geht es ja darum, dass der Taucher vor dem Abtauchen einatmet und im Gegensatz zum Gerätetauchen für den Tauchgang nur diesen einen Atemzug nutzt.
Da wir einige Segler auf der Liste kennen, bin ich beeindruckt, wie lange die ihre Luft anhalten können. Da setze ich mich gleich ganz entspannt ins Cockpit und halte versuchsweise mal meinen Atem an. Ich schaue ganz angestrengt auf die Stoppuhr und denke: oh, die Zeit soll schneller laufen! Aber nein, bei 26 Sekunden denke ich, jetzt geht's nicht mehr, ich will Luft!!! Wie konnten das denn die Seglerinnen über eine Minute aushalten?

Zwei Wochen später sehen wir auf Facebook, dass es eine zweite Möglichkeit für die Segler gibt für diesen Free Diving Schnupperkurs. Wir melden uns blitzschnell an und bekommen gerade noch einen Platz, Juhuuu! Wir freuen uns beide darauf.

Wir treffen den 12-fachen Weltrekordhalter

Am Sonntag um 9 Uhr geht's an Land los. Der Auftrag war, am Vorabend und am Morgen nur was Kleines und Leichtes zu essen. Das haben wir natürlich eingehalten. Und da treffen wir nun auf die Legende, Carlos Coste. Ein mehrfacher Weltrekordhalter und Weltmeister im Freitauchen. Er gibt uns zuerst einige Erklärungen auf Englisch und danach machen wir gemeinsam einige Yogaübungen – für mich das erste Mal Yoga...

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Danach legen wir uns auf den Boden und bekommen Instruktionen zum Atmen und führen einige Atemübungen aus. Dann hält die Welt – ach nein, nur die Gruppe – den Atem an und es wird grob die Zeit gemessen, bis man wieder Atmen muss. Ich komme dabei auf etwas mehr als eine Minute! Allan liegt neben mir und atmet irgendwann auch noch aus, er ist der Letzte der Teilnehmer.

Wir stecken den Kopf ins Wasser

Jetzt geht es in den Pool – also ins Meer, das wie ein Pool aussieht. Mit Badehose und Tauchmaske bewaffnet hängen wir im Wasser und lauschen den weiteren Instruktionen vom Weltrekordhalter, der über Sieben - Sieben!!! – Minuten die Luft anhalten kann.

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In drei Gruppen aufgeteilt, hängen wir zu viert an einem Rettungsring-ähnlichen Teil und folgen den Anweisungen mit ein- und ausatmen und Luft anhalten. Jetzt startet der erste Versuch mit entspannt im Wasser hängen, wie gelernt einatmen, die Luft anhalten und den Kopf ins Wasser stecken, bis der erste Reiz kommt, der sagt, dass ich wieder Luft holen soll. Doch dieser erste Reiz sollen wir abwarten, bis ein nächster kommt und dann erst auftauchen und atmen.

Damit das Ganze kontrolliert abläuft, ist bei jeder Gruppe ein Freitaucher der Tauchschule dabei, bei uns ist das Israel, der alle 15 Sekunden von uns ein kleines Handzeichen möchte um anzuzeigen, dass noch alles in Ordnung ist und wir noch bei Bewusstsein sind. Israel gibt auch immer wieder die Zeit an, die schon verstrichen ist, so wissen wir, wie lange wir schon die Köpfe unter Wasser haben. Da wir nur an der Wasseroberfläche sind, können wir dies auch hören.

Beim zweiten Versuch geht es darum, dass wir das im Buddy Team machen. So starte ich meinen weiteren Versuch und Allan gibt mir alle 15 Sekunden ein Zeichen, dass ich wiederum bestätigen muss. Israel misst die Zeit und kurz vor 2 Minuten muss ich auftauchen. So ein Mist, ich möchte doch noch die 2 Minuten Marke knacken!

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Jetzt ist Allan an der Reihe und ich coache ihn mit beruhigenden Worten und erwarte regelmässig sein ok Zeichen. Allan will und will nicht auftauchen, so macht Israel so fragende Gesten und ein lustiges Gesicht, so dass ich lachen muss. Das wiederum hört Allan und ich bringe ihn zum Lachen, was natürlich nicht geht und er auftauchen muss. Mist, jetzt bin ich schuld, dass er sich nicht verbessern konnte...

Wir wollen eigene Rekorde

Wir haben einen dritten und letzten Versuch unseren persönlichen Rekord aufzustellen. Ich will unbedingt die zwei Minuten knacken! Also ganz entspannen, ruhig atmen und einen tiefen Atemzug, wenn Israel das Zeichen dazu gibt und ab ins Wasser mit dem Kopf. Ich habe festgestellt, dass ich es länger unter Wasser aushalte, wenn ich die Augen offen habe und mich von den kleinen Fischen, die am Boden vorbeischwimmen ablenken lasse. Dann vergesse ich sozusagen, dass ich atmen möchte. Und so gebe ich alle 15 Sekunden mein Signal, dass alles ok ist. Und es geht wunderbar, es ist ein schönes Gefühl so entspannt im 29° warmen Wasser zu liegen und merken, dass man nicht atmen muss. Unmittelbar vor zwei Minuten signalisiert der Körper, dass er eigentlich Atmen will. Nein, das muss noch warten! Doch bei Minute 2:10 geht es nicht mehr und ich muss auftauchen. Juhuuu, ich habe die zwei Minuten Marke geknackt.

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Allan hat den Kopf immer noch unter Wasser. Ich weiss, dass das noch länger dauern kann und halte mich gefälligst zurück mit lachen. Bei Minute 3:39 ist aber auch bei ihm Schluss. Puhh, was für eine lange Zeit ohne zu Atmen! Ich gratuliere Allan, das ist eine super Zeit.
Es ist ganz erstaunlich, was mit der richtigen Technik möglich ist. Wo kämen wir wohl hin, wenn wir das trainieren würden?

Israel sagt zu Allan, dass er mit dieser Zeit zur Hilma Hooker abtauchen könnte. Das ist das Wrack hier auf Bonaire, das auf ca. 30 Meter Tiefe liegt. Ich spüre, das würde Allan sehr reizen. Ich kann da leider nicht mithalten...

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Es gibt noch einige Sicherheitserklärungen und Informationen zur Freediving-Ausbildung und danach ist der Schnupperkurs zu Ende. Vielen Dank an Deepsea Freediving School mit Carlos, Israel und alle andern, die geholfen haben, es hat uns grossen Spass gemacht!

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Später erscheint noch die aktualisierte Rangliste von unserer Gruppe und der Gruppe einige Wochen davor. Und wer ist zuoberst auf dem Treppchen?! Allan!!!

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