Neuseeland nach Tonga - Ritt über Vulkane

Neuseeland nach Tonga - Ritt über Vulkane

2024, Blauwasserleben, Passagen, Kochen/Essen, Navigation, Pazifik
Unsere Überfahrt von Neuseeland nach Tonga ist weitgehend entspannt mit für unseren Geschmack zu viel Amwi ...

Tag 1, 25. Juli

Endlich! Es ist so weit. Wir haben uns nach langem Hin und Her entschieden, heute Neuseeland zu verlassen und Richtung Tonga zu segeln.
Nachdem wir auf meerla alles gerichtet, beim Zoll ausklariert, die Marina bezahlt und das Auto abgestellt haben, kann es los gehen, Leinen los. Was für ein Gefühl! Wie aufregend, nach fast achtmonatiger Liegezeit. Mit viel Vorfreude auf die Wärme, verlassen wir das kalte Neuseeland.

Das Wetterfenster ist nicht ideal aber es sollte gut machbar sein. Die Prognose zeigt, dass ab der Hälfte der Strecke der Wind direkt auf unsere Nase weht. Wir hoffen also, dass sich das noch ändert. Auch gibt es Phasen mit sehr wenig Wind, so wie heute, wo schönes Wetter ist, aber windstille herrscht. So Motoren wir aus der Bay of Islands heraus und nehmen Kurs in den offenen Pazifik hinaus. Das Meer ist hier im Schutz von der Nordinsel noch sehr flach, was gerne so weiter gehen könnte, abgesehen vom Wind. Mal schauen, was der die nächsten zehn Tage für Überraschungen für uns bereithält.

Soweit alles gut und wir sind glücklich, haben wir den Absprung nun geschafft und hoffen die Gesundheit macht uns nicht erneut einen Strich durch die Planung. Wir geniessen diesen Tag im Cockpit und versuchen, uns in der Sonne aufzuwärmen. Dabei sehen wir zum ersten Mal Albatrosse! Was für Giganten am Himmel. Und wenn sie hinter meerla durchfliegen, scheinen sie beinahe so breit wie meerla zu sein...

Tag 2, 26. Juli

Es ist so weit, kurz nach Mitternacht setzt der Wind ein und wir setzen Passatbesegelung. Herrlich dieser Moment, wo wir den Motor ausschalten können und die Stille im Schiff einkehrt.
Im laufe des Morgens wechseln wir die Segel auf Grosssegel und Genua, da wir schauen müssen, dass wir etwas in den Osten gelangen. Doch der Wind ist schwach und so nehmen wir bald darauf unser neues Leichtwindsegel hervor. Dies will mit gleichzeitig gesetztem Grosssegel nicht so gut stehen, also bergen wir das Grossegel und segeln nur mit dem Leichtwindsegel weiter. Das ist der erste Offshore-Einsatz von unserem neuen North Sail, Helix Furling Gennaker. Es steht sehr gut und flappt nicht am Unterliek, wie unsere alte «Tomate». Bis jetzt sind wir sehr zufrieden damit.

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Der Wind nimmt auf 15kn zu und so nehmen wir das Leichtwindsegel weg und setzen wieder das Gross im 1. Reff und die Genua. Abends frischt der Wind auf und wir machen das 2. Reff ins Gross für die Nacht und segeln mit der Fock. So viele Segelwechsel wie heute haben wir noch selten an einem Tag gehabt. Aber das Gute daran ist, es hält uns warm, denn es ist kalt im Schiff.

Tag 3, 27. Juli

Nach einer Nacht mit gutem Wind und wunderschönem Sternenhimmel kommen wir gut voran. Und heute braucht es keinen einzigen Segelwechsel. Am Nachmittag steigert sich der Wind noch mehr und es wird ungemütlich im Schiff. Der Windwinkel ist nicht ideal und die Wellen kommen von zwei Seiten. Wir tun also nichts, ausser herumliegen, lesen oder auf dem Handy spielen. Erstaunlich, wie schnell wir wieder in unserem Überfahrtsmodus sind.
Unser dritter Tag auf See endet mit einem wunderschönen Sonnenuntergang.

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Tag 4, 28. Juli

Das ist eine rauhe Nacht und das Schlafen gestaltet sich fast unmöglich bei diesen Schiffsbewegungen. Dazu kommt, dass wir nicht unsere bisher bewährten Mittel gegen Seekrankheit einnehmen, da diese nicht mehr produziert werden. Wir nehmen den gleichen Wirkstoff mit anderer Dosierung ein, was offenbar bei uns nicht gleich gut wirkt. Denn heute Morgen muss Allan nach dem Frühstück die Fische füttern. Ach je, schlechte Erinnerungen kommen da auf und ich hoffe er erholt sich rasch und es tritt keine Dehydrierung auf.

Zum Glück wird es am Abend etwas ruhiger, was Allan hilft sich zu erholen. Das Schöne ist, dass es langsam wärmer wird. Wir frieren nicht mehr so sehr.

Tag 5, 29. Juli

Allan geht es heute zum Glück besser. Er ist auf die Resten unserer «alten» Seekrankheitspillen umgestiegen. Tja, mal schauen, wie wir das in Zukunft machen, wenn diese dann definitiv aufgebraucht sind...

Leider können wir den Kurs Richtung Tonga nicht halten. Der Wind kommt aus zu nördlicher Richtung und ist unbeständig in seiner Stärke. Die täglichen Wetterchecks zeigen uns, dass es die nächsten Tage so weitergehen wird. Also doch wie in der Langzeitprognose vorhergesagt. Schade, hatten wir doch gehofft, dass wir nicht die Herausforderung des Kreuzens annehmen müssen.

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Warum ist unser IridiumGo! Display schwarz? Da regt sich irgendwie nichts mehr. Und als wir Starlink einschalten, um Internet zu haben, sehen wir, dass unser Track stehen geblieben ist. Nein, wir sind nicht abgesoffen! Also keine Panik. Es ist ganz einfach, die Technik hat versagt, das IridiumGo! Ist defekt. Da wir dafür Ersatz an Bord haben, installiert Allan kurzum das Ersatzgerät und nimmt es nach kurzer Konfiguration in Betrieb. Und schon sieht die Welt wieder, wo meerla unterwegs ist...

Am Abend fällt der Wind leider unter 7kn und das Meer ist noch sehr unruhig, so starten wir den Motor und sind die nächsten zweieinhalb Stunden damit unterwegs.

Tag 6, 30. Juli

Kurz nach Mitternacht können wir die Segel wieder setzen und den Motor ausschalten. Doch es will nicht mehr so richtig vorwärts gehen. Wir müssen weiterhin Amwind-Segeln, was nicht meerlas Lieblingskurs ist und auch nicht der der Crew. Das Schlagen in die Wellen und die Schiffsbewegungen sind nicht angenehm und dazu gesellt sich noch trübes Wetter. Aber was solls, der Weg ist das Ziel.

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Tag 7, 31. Juli

In den ersten Nachtstunden zieht ein Regen durch, der den Wind ziemlich einschlafen lässt, so dass wir wieder für kurze Zeit Motoren. Das Gute daran ist, dass wir dann auf unser Ziel zuhalten können!

Tagsüber ist es heute relativ angenehm und obwohl die Wellenhöhe zur Windstärke noch ziemlich hoch ist, haben wir Lust einen Kuchen zu backen. Oder besser gesagt, wir wollen ihn essen! Also auf in die Küche und mixen, kochen, backen... So gibt es erneut einen Überfahrts-Traumkuchen – mh, so lecker!

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Der Wind ist eher schwach, daher reffen wir aus, bleiben aber noch bei der Fock, da einzelne Regenfronten durchziehen und wir nicht wissen, wie sich dabei der Wind verhält.
Heute ist ein Freudetag auf See, nicht nur wegen des leckeren Kuchens, sondern auch weil es köstliche Pizza gibt! Pizza auf Überfahrten ist für uns immer ein Höhepunkt. Wir lassen sie uns schmecken.

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Und jetzt beginnt abends meine Schicht, während der die üblichen Fliegenden Fische an Bord landen. Doch meistens erbarmt sich Allan, steht auf und wirft diese wieder ins Wasser zurück. Nicht gerade der Lieblingsjob an Bord, aber es muss gemacht werden.

Tag 8, 1. August

Die Nacht verläuft gut und es geht zügig voran, wenn auch immer noch nicht weit genug gegen Norden um nach Tonga zu gelangen.
Wir sind hier in einer spannenden Zone unterwegs, nämlich auf dem Tonga Rücken, zu dem auch die Tonga Inseln gehören. Der Tonga Rücken (Kermadec-Vulkanbogen) besteht aus einem magmatischen Bogen aktiver Vulkane. Nur wenige ragen bis an die Oberfläche, aber er umfasst über 30 Unterwasservulkane.

Gleich östlich davon liegt der Tongagraben mit bis zu 10'000m Tiefe. Hier wandert die Pazifische Platte unter die Australische Platte und bildet eine Subduktionszone. Da dies mit einer Geschwindigkeit von 15 bis 24 cm pro Jahr geschieht, sind hier Aktivitäten nicht auszuschliessen.
Im Jahr 2012 gab es einen heftigsten Ausbruch von einem Unterseevulkan.
Wenn wir hier unsere Seekarten anschauen, finden wir auch unterschiedlichste Einträge, die uns zu denken geben. In der Karte steht da bei einem Punkt beispielsweise «Behinderung, Störung 1984». Aha. Muss uns das kümmern? Oder «Behinderung, Störung mit vulkanischer Aktivität 2009». Ach, das schon eher... Da wird eine Wassertiefe von 36m angegeben. Nicht dass das ein Problem wäre, doch mitten im Ozean? Wollen wir doch nicht gerade über einen Vulkan drüberfahren, wenn der gedenkt zu spucken.
Und was da in der Zwischenzeit alles passiert ist, wissen wir ja nicht. Zudem stauen sich bei solchen Untiefen die Wellen unangenehm auf, was für uns kein Spass darstellt. Demzufolge schauen wir, dass wir alle diese Punkte meiden und sie entsprechend umfahren.

Heute ist einer dieser Tage wie aus dem Bilderbuch. Wäre da nicht immer noch unser Problem, dass wir Tonga nicht ansteuern können, weil der Wind von da kommt. Aber geniessen wir es doch trotzdem, denn es ist ein herrlicher Tag bei eigentlich schönen Bedingungen. Und wir freuen uns, dass es entgegen den Prognosen aktuell noch immer Wind zum Segeln hat. Wohl stimmt die Richtung noch immer nicht, dafür wird auch mit dem abnehmendem Wind das Meer ruhiger.

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Am Abend ist der Wind so abgeflaut, dass wir das Reff aus dem Grossegel herausnehmen.

Tag 9, 2. August

Bum! Was hat diesen Lärm verursacht? Wir vernehmen ein ungewohntes Schlaggeräusch. Ist es die Taurolle in der Segellast? Nein, das hört sich nicht so an. Im Schiff finden wir nichts und da es keine Veränderung in der Schiffsbewegung verursacht hat, können wir auch nicht mit etwas kollidiert sein. Es ist Nacht und stockdunkel, wir sehen nicht viel. Wir gehen also an Deck, denn das Geräusch muss von da gekommen sein. Schon beim Rausgehen, stinkt es nach Fisch. Im Cockpit finden wir einen Fliegenden Fisch, den Allan über Bord wirft.

Ich leuchte mit der Lampe über das Deck und da zappelt einer in der Schotführung unter dem Salondach! Zum Glück zappelt er so lange und so wild, dass er von selbst aus dieser misslichen Lage herauskommt und wieder im Wasser landet. Der hat einen sehr unglücklichen Weg gewählt. Von hinten ins Cockpit unter die Sprayhood und ab durch die Schotführung. Zum Glück ist da nicht eine Leiche zurückgeblieben, die wir da kaum rausgebracht hätten. Nicht auszudenken, wenn der da verrottet wäre... Es reicht schon, dass überall noch Fischschuppen herumliegen und nicht gerade die angenehmste Parfümnote verbreiten. Wir haben also die Ursache unseres ungewohnten Geräusches entdeckt.

Am Nachmittag schläft der Wind ganz ein und wir fahren unter Motor weiter.
Das gibt uns Gelegenheit für eine erfrischende Dusche – wie schön, nach 9 Tagen wiedermal zu Duschen! Und wir duften wieder ganz zivilisiert. Dabei können wir auch auf die kurzen Hosen umsteigen, juhu!

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Und so erfrischt machen wir uns mit viel Hunger über die leckere Rösti mit Spiegelei her und freuen uns, dass wir morgen voraussichtlich ankommen werden.

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Tag 10, 3. August

Wir wollen heute unbedingt bei Tageslicht ankommen, daher Motoren wir vorerst noch, weil der Wind schwach ist. Am frühen Morgen können wir wieder die Segel setzen. Der Windwinkel und die Windstärke sind ideal, so dass wir mit 7-9kn Fahrt ordentlich schnell unterwegs sind.
Uns begrüsst ein wunderschöner Tag und ich geniesse den herrlichen, letzten Sonnenaufgang auf See. Und da kommt auch Land in Sicht! Wir nähern uns der Insel 'Eua immer mehr.

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Als wir die Insel 'Eua erreichen sehen wir sie. Die Buckelwale! Überall sind sie zu finden. Wir sehen Blas, wir sehen Buckel, Flossen, einzelne wuchten ihren Körper aus dem Wasser... Und wir rasen mit bis 9kn dahin, ohne eine Chance zu bremsen, wenn so ein Koloss in unsere Nähe kommt. Hören die uns? Tauchen die ab? Viele Segler haben schon von Walkollisionen nachts berichtet und wir wollen ja weder einem Tier noch meerla einen Schaden zufügen. So nehmen wir schweren Herzens die Segel herunter und starten den Motor. Da erwarten wir, dass die Wale uns wahrnehmen und wir sind so langsam, dass wir stoppen könnten, sollte denn einer vor uns auftauchen. So fahren wir gut ausschauhaltend zwischen den Inseln Tongatapu und 'Eua durch.

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Dann geht es nach links Richtung Riffeinfahrt und auch hier sehen wir überall Wale.

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Was für ein Empfang! Und weil diese Vorstellung offenbar noch nicht genug ist, springt einer nur wenige Meter neben meerla aus dem Wasser, lässt seine Tonnen ins Wasser krachen und erzeugt eine gewaltige Wasserfontäne. Das ist laut, nah, erschreckend und vor allem faszinierend. Und das alles geschieht genau an der engsten Stelle der Einfahrt, keine 100m neben meerla, wo das Wasser nicht mehr als 30m tief ist. Ein unglaubliches Erlebnis, das sich uns einprägt, denn für diesen Überraschungsmoment haben wir keine Kamera zur Hand.

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Wir fahren noch die letzte Meile, bis wir vor Pangaimotu den Anker fallen lassen und uns sehr freuen, wieder in der Wärme zu sein, türkises Wasser um uns zu haben und die 1218sm lange Strecke gut gemeistert zu haben.   

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