Neuseeland nach Fidschi - ganz taktisch
Leinen los!
Was für ein Moment! Leinen los! Nach fast fünf Wochen Warten auf ein passendes Wetterfenster mit abgebrochenen Startversuchen, ist es nun endlich soweit. Wir fahren unter Motor aus der Bay of Islands raus. Wir bilden das Schlusslicht von 10 gestarteten Schiffen. Unsere Freunde von der Nomad segeln wenige Meilen vor uns. Da sind wir gespannt, wen wir unterwegs oder am Ziel Fidschi wiedersehen werden.
Wir freuen uns, Neuseeland endlich verlassen zu können, nicht, dass es uns nicht gefallen hat, nein, ganz im Gegenteil, Neuseeland ist wunderschön! Wir waren sehr gerne hier, aber es ist jetzt einfach viel zu kalt geworden. Wir wollen die Wollmützen und Wollsocken tief unten im Schrank verstauen und gegen Badehosen eintauschen. Und wir freuen uns, nebst der Wärme in Fidschi, auf ein neues Land, auf neue Entdeckungen und auf den bevorstehenden Besuch aus der Schweiz.

Diese, über 1'000 sm lange Seestrecke nach Fidschi startet sanft und wir können entspannt unser Leichtwindsegel setzen. Leichte Wellen beginnen uns einzuschaukeln, was nach so langer Zeit im Hafen ganz guttut. Doch bald kommen wir aus dem Schutz der Nordinsel und der Wind und die Wellen nehmen zu. Wir verstauen unser Leichtwindsegel leider bereits wieder und setzen das Grossegel im ersten Reff und die Genua. Für unseren Geschmack viel zu schnell nimmt der Wind auf 25 Knoten zu und wir setzen das 2. Reff im Gross und reffen auch die Genua. Wir müssen uns nun wieder an die Schiffsbewegungen gewöhnen und es geht rasant in die erste kalte Nacht hinein.

Eingewöhnen
Während der Nacht passiert uns ein Frachter und sonst gibt es nichts Spektakuläres zu berichten, ausser dem Sternenhimmel. Der ist einfach unschlagbar schön hier draussen. Es geht weiter mit flotter Fahrt voran. In den ersten Morgenstunden machen wir eine Halse, um nicht zu weit in den Osten zu gelangen. Wir beobachten über Internet und MarineTraffic unsere Mitstarter und sehen, dass diese alle den Weg weiter östlich wählen. Sich an der anderen zu orientieren, ist immer schwierig. Was sind denen ihre Ziele, was für Boote mit leicht differenzierten Segeleigenschaften, stärke der Crew und viele weitere Faktoren spielen da ein Rolle. Trotzdem sind wir verunsichert, stimmt unsere Taktik, dass wir nicht zu weit in den Osten wollen? Generell wird auf dieser Strecke eine leichte «Ostkurve» empfohlen. Tja, wir werden sehen, was die nächsten Tage so mit sich bringen.


Unser Tag verläuft gut, es ist wunderschönes Wetter und von den gleichzeitig gestarteten Schiffen sehen wir schon lange keines mehr. Wir liegen herum, schauen uns einen Film an und tun nichts. Unsere Körper haben sich noch nicht an die Bewegungen gewöhnt, noch sind wir träge, haben Kopfschmerzen und keine Lust zum Kochen. So ist heute eine schnelle Küche mit Pasta und Pesto angesagt, bevor wir draussen die Sonne für heute verabschieden.



In den ersten Nachtstunden nimmt der Wind ab und wir nehmen ein Reff aus dem Segel und setzen wieder die ganz Genua. Die Wellen reduzieren sich trotz weniger Wind nur langsam, doch wir kommen gut durch die zweite Nacht. Ich bin noch am Schlafen, als Allan sich über den Sonnenaufgang freut.

Ruhige Stunden
Der Wind ist leicht schwankend aber in angenehmer und leicht abnehmender Stärke. So können wir nach dem Mittag die vollen Tücher setzen, damit wir noch in Fahrt bleiben. Das Wetter ist wunderbar und es wird ganz langsam wärmer – wie herrlich.




Mit diesen angenehmen Bedingungen können wir in der dritten Nacht beide jeweils etwas schlafen und sind so gut ausgeruht.
Entgegen der Windvorhersage bleibt der Wind gerade so stark, dass wir noch segeln können und nicht Motoren müssen – das freut uns natürlich!
Denn wir haben definitiv entschieden, einen ziemlichen West-Kurs einzuschlagen, da wir in der Prognose sehen, dass es weiter östlich - also auf unserem Idealkurs - viel mehr Wind und Wellen geben wird. Dazu haben wir definitiv keine Lust. Wir wählen den bequemeren Weg und hoffen, die Vorhersage für den Winddreher in wenigen Tagen trifft zu. Denn sonst geht unsere Taktik nicht auf und wir müssten uns später wieder nach Osten kämpfen. Wir sind gespannt, wie das Ganze aufgehen wird…

Wilde Fahrt
Wenige Stunden später nimmt der Wind stetig zu und dreht Richtung Ost-Südost, bis er abends so zugelegt und gedreht hat, dass es anstrengend wird und wir halber Wind fahren.


So geht es wild und mit viel Speed in die nächste Nacht hinein. Leider ist es ungemütlich und es wird eine schlaflose Nacht, obwohl wir deutlich weiter nach Westen fahren, als der ideale Kurs wäre, damit wir weniger hoch am Wind segeln müssen. Aber trotzdem ist es ein Rodeo! Zwischendurch kommen kleine Regenzelle und damit verstärkter Wind bis zu 29 Knoten. Doch es sind mehr die Wellen, die eine relativ kurze Frequenz haben, die die Fahrt heute so anstrengend macht. Dafür haben wir ein Etmal von 171sm erreicht!

Aber wir sind trotzdem zufrieden, es könnte schlimmer sein und es wird immer wärmer! Wir liegen weiter herum, lesen, spielen und dösen, wenn es geht.

Auf dem AIS sehen wir einige Fischer, die wir in der Nacht westlich umfahren. Dafür müssen wir später aber wieder Ost gut machen!
Die Wettervorhersage meldet, dass es noch etwas dauert, bis der Wind wieder nachlässt und so gehen wir mit immer noch gerefftem Grosssegel und der Fock durch die nächste Nacht.
Lebhaft
Die Tage plätschern so dahin, mit sich ähnelndem Wetter. Sonnig, einige Wolken und ab und zu mal ein kleiner Regenschauer. Es ist immer noch unruhig, auch wenn der Wind sich zum Glück etwas reduziert hat. Und bei so lebhaften Bedingungen isst Allan seinen Tomaten-Mozzarella-Salat auf dem Boden sitzend, denn da sind die Schiffsbewegungen so, dass er sein Essen ebnen auch wirklich geniessen kann. Denn essen, wenn der Bauch immer so angespannt ist, um die Schiffsbewegungen auszugleichen, macht nicht so Spass.

So wechselt auch dieser Tag in die Nacht und wir behalten die reduzierte Segelfläche, obwohl der Wind in der zweiten Nachthälfte deutlich abnimmt. Aber da wir voll im Zeitplan sind und keinesfalls zu früh in Fidschi ankommen wollen, segeln wir so weiter in die nächste Nacht, in der uns die Natur wieder einen faszinierenden Sternenhimmel schenkt.
Im Laufe des nächsten Morgens reffen wir doch aus und stellen wieder auf die Genua um, um im Speed zu bleiben, denn der Wind ist auf 12 Knoten zurückgegangen. Und wir hoffen natürlich auf den angekündigten Winddreher, der uns zurück Richtung Fidschi bringt, denn wir sind ziemlich weit im Westen und nach Vanuatu wollen wir dieses Jahr noch nicht…

Gerne würden wir im Halbwind-Bereich bleiben, doch der Winddreher ist sehr verhalten und so gehen wir etwas höher an den Wind um wieder Ost gut zu machen. Dadurch werden wir aber sehr schnell – zu schnell?
Ihr fragt euch jetzt vielleicht, warum wir zu schnell sein können, wollen wir doch im Normalfall einfach ankommen. Ja, das wollen wir auch jetzt, doch nicht vor Sonntagabend. Denn wir wollen erst am Montag einklarieren, damit wir nicht den hohen Sonntags-Extrazuschlag für das Einklarieren bezahlen müssen.

Trotzdem lassen wir die Nacht mit viel Speed durchrauschen, denn wir haben noch genug Distanz, um später verlangsamen zu können. In dieser Nacht bekommen wir Besuch von einem wohl müden Tölpel. Er landet auf unserem zusammengeklappten Bimini, richtet sein Federkleid und ruht sich aus. Doch leider hinterlassen diese Vögel auch unschöne Spuren und so vertreiben wir ihn nach einer Weile…

Bummeln
Am Morgen des achten Tages entscheiden wir uns, deutlich Fahrt aus dem Schiff zu nehmen, da wir nach wie vor viel zu schnell sind. Doch trotz den Reff Massnahmen will meerla einfach dem Ziel entgegenfliegen. Das Wetter hat sich verschlechtert, immer wieder zieht Regen durch, der unglaubliche Winddreher mit sich bringt. Zudem hat es deutlich mehr Wind als die Prognose meldet. Und so wird es wieder ein kleiner Rodeo, da die Wellen zu hoch sind, wenn der Wind zwischen den Regenpausen stark nachlässt. Viel Wind, fast kein Wind, wieder viel Wind und die Dreher dazu. Es wird ein mühsamer Endspurt, der eben kein Spurt ist, weil wir langsam machen wollen.


Langsamkeit ist die Devise! Und so wird die Nacht schrecklich rollig, weil das Tempo fehlt. So langsam sind wir ein Spielball der Wellen. Wir steuern auf Fidschi zu und wir wollen erst nach Feierabend der Behörde ankommen. So sind wir nur noch mit dem Grosssegel im dritten Reff unterwegs.



Genau vor der Einfahrt der Malolo Passage treffen wir wieder auf Nomad! Was für ein schönes Wiedersehen, wenn auch nur von Weitem mit zuwinken. Wir sind gleichzeitig gestartet und kommen gleichzeitig an. Auch sie haben kaum noch Segel gesetzt, um ganz langsam zu sein. So fahren wir gemeinsam durch den Pass und freuen uns, dass dahinter die grossen Wellen schlagartig weg sind.


Ankunft
Der Wind bläst weiterhin kräftig um die Insel Viti Levu herum, wo wir auf der Westseite Richtung Denarau unterwegs sind. Yes, wir sind bald da! Nur keine Eile.

Um fünf Uhr abends fällt der Anker auf fünf Meter Wassertiefe vor der Hafeneinfahrt von Denarau. Wir sind einfach nur Glücklich, hier zu sein, in Fidschi und in der Wärme!

Wir blicken auf diese Überfahrt zurück und sind insgesamt sehr zufrieden. Zum vierten Mal haben wir nun die Strecke zwischen Neuseeland und den Tropen gemeistert. Es war für diese Strecke, die für ihre starke Winde und hohen Wellen durchaus berüchtigt ist, doch halbwegs angenehm.
Und wir sind froh, haben wir den Weg weiter im Westen gewählt als alle anderen, die mit uns gestartet sind, denn wir hatten nie über 30 Knoten Wind. Andere erzählen von viel mehr Wind und höheren Wellen. Einige melden sogar, sie hätten eine schreckliche Überfahrt gehabt…
Wir geniessen den farbenprächtigen Sonnenuntergang und freuen uns auf eine ruhige und hoffentlich schlafreiche Nacht und hoffen morgen auf ein reibungsloses Einklarieren.

Herrlich, so ausgeschlafen zu sein, jetzt sind wir bereit für die Behörden. Und da wir gleich drei Boote sind, die einklarieren wollen, können wir am Ankerplatz draussen bleiben und die Offiziellen an Bord holen. Bald haben wir einen Herrn der Biosecurity, eine Dame von Immigration und einen Herrn vom Custom an Bord. Bei der Biosecurity haben wir am meisten Bedenken und hoffen, dass er unseren leckeren Käse nicht mitnehmen möchte. Er öffnet nur den Kühlschrank, fragt nach Fleisch und schon ist es erledigt. Puh, wir atmen auf, er nimmt uns keine Lebensmittel weg! Schliesslich waren wir auch gut vorbereitet und haben weder Fleisch noch Honig an Bord. Doch als er den Apfelkuchen sieht, den wir gestern noch gebacken haben, weil wir keine ungekochten Früchte einführen dürfen, fragt er nach einem Stück. So bekommen alle Beamten ein Stück Kuchen und Sprite als Getränk.

Auch mit der Einreise und dem Zoll geht alles reibungslos und wir haben den Papierkram beinahe hinter uns. Nur noch Bezahlen und das Cruisingpermit fehlt auch noch. Die Offiziellen gehen als letztes zu Nomad und als sie bei unseren Freunden fertig sind, helfen wir, die Beamten mit unserem Dinghi wieder an Land zu bringen.
An Land trifft uns ein kleiner Schock, denn wir sind mitten in der absoluten Touristenhochburg von Fidschi. Wir organisieren Geld, bezahlen unsere Schulden bei den Behörden und schlendern etwas überfordert durch die Restaurant- und Läden-Landschaft. Was für ein Kontrast nach acht Tagen alleine auf See!
Bula! Welcome in Fiji.
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